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Ansitz Rosenegg

Im Jahre 1926 haben Rudolf und Zoe Greinz den Ansitz Rosenegg erworben, in welchem das Archiv und die Bibliothek untergebracht sind. Zur Lage des Ansitzes erinnert Greinz in seinem Beitrag „Jugend in den Tiroler Bergen“, dass „man den weiten Blick über das Inntal genießt, einen Blick herunter auf Innsbruck, die Landeshauptstadt Tirols. Es ist ein eigenartiger Zufall, dass ich nun schon seit einigen Jahren einen Ansitz in Aldrans bezogen habe, den Ansitz Rosenegg. Ein altes Tiroler Herrenhaus mit schönem Garten.“

 

Man erreicht ihn von Schloss Ambras aus, wobei man dem Weg folgt, den der Tiroler Lyriker Hermann von Gilm im Jahre 1863 von Innsbruck herauf über das Schloss Ambras nahm, um Rosenegg zu besuchen. Kurz vor Ortsmitte trifft man auf den Ansitz, einen gemeinsamen Erinnerungsort von Gilm und Greinz. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass der Ansitz seinen Namen dem  Tiroler Lyriker verdankt. Denn die Villa hat Michael Ortlieb, der Besitzer des benachbarten Bärguts, von dort aus erbaut. Er dürfte ein Verehrer des Dichters gewesen sein, der sich Hermann von Gilm zu Rosenegg schrieb. Gewiss konnte Gilm nicht ahnen, dass Greinz Jahrzehnte später diesen Ansitz erwerben würde, ebenso wenig Greinz zunächst wusste, dass Gilm ein Besucher aus früheren Zeiten war. Über die ungewöhnliche Begegnung schreibt Greinz zwei Jahre nach dem Erwerb von Rosenegg (zitiert aus: „Das veränderte Gesicht“, abgedruckt in Staackmann Almanach 1928, Seite 155ff, 156 f):

 

 „Ein Bewusstsein ist mir ganz besonders lieb. Auf Rosenegg war im September 1863 Tirols größter Dichter, Hermann von Gilm (1812 – 1864) zu Gast. Über den festlichen Empfang, den man ihm bereitete, und über seinen Eindruck von dem alten Herrensitz ist noch ein entzückender Brief von ihm erhalten. Und die Stimmung von Rosenegg die er wiedergibt, ist heute noch vorhanden … Zu seinen (Gilms) Ehren hatten sie im Garten vor dem alten Herrenhaus an einem ungeheuren Mast eine riesige weiß-rote Tiroler Flagge von dreißig Ellen aufgezogen, ….

Eigenartige Brücken gibt es im Leben. Hermann von Gilm war die Begeisterung und Ehrfurcht, war das Ideal meiner Jugend und ist es bis heute unverändert geblieben. Als junger Mensch habe ich bei Reclam die erste Gesamtausgabe seiner Gedichte herausgegeben. Wie geweiht mir das Stück Tiroler Erde ist, auf dem ich nun selbst hause, brauche ich wohl nicht zu sagen.“

 

Lassen wir Gilm noch selbst über Rosenegg zu Wort kommen (Brief an seine „liebe Marie“ vom 14. September 1863, in: Hermann von Gilms Familien- und Freundesbrief, hsg. von Moritz Necker, 1912, Seite 264 f):

 

„Der gestrige Sonntag war ein wahrer Fürstentag für mich … Als wir die Höhe des Mittelgebirges erreicht hatten und der Weg durch eine herrliche Bergmahd fast eben in das Dorf Aldrans führte, kam uns Ortlieb mit seiner Tochter Marie entgegen … In einer Viertelstunde war die Villa erreicht, ein herrliches Gebäude mitten in einem Garten, das der Besitzer >Rosenegg< getauft hatte. Im Garten vor dem Hause steht mitten in einem Beet von Monatsrosen ein ungeheurer Mast. Mir zu Ehren wurde eine riesige … Flagge aufgezogen, die weit in das ganze Inntal hinunter flatterte. … Es wurde getafelt und Terlaner getrunken auf die Tiroler Poesie; … es war wie im Mittelalter, wo Festtag war in jenem Schlosse, in das ein Sänger zog.“

 

Das damals große Areal von über 4000 qm ist teils in fremde Hände gelangt und überbaut worden. Aber die Villa liegt noch in einem idyllischen Garten, zur Strasse hin von einer uralten Linde abgeschirmt.

 

Der im Zuge einer Erbauseinandersetzung 2004 angeordnete Denkmalschutz hat verhindert, dass die Villa Rosenegg der Spitzhacke zum Opfer gefallen ist. Seither hat der alleinige Eigentümer die Villa sukzessive außen wie innen stilgerecht renoviert und parallel das Greinz-Archiv eingerichtet sowie die Bibliothek geordnet.

 

Im Oktober 2018 hat das Ehepaars Edeltraud und Georg Ott den Ansitz nebst Literatur Archiv im Form einer Stiftung an die Universität Innsbruck vermacht. In diesem Zusammenhang wurde Dr. Georg Ott der Titel "Ehrensenator der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck" im Rahmen eines Festaktes verliehen. Damit soll sicher gestellt werden, dass das Greinz-Archiv für wissenschaftliche Interessen benutzbar bleibt. Dass ein privates Archiv über einen erheblichen Fundus von kultur- und literaturhistorisch interessanten Schriftstücken verfügt, ist gewiss keine Alltäglichkeit.

 

PRESSE

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